Warum streiten Sperlingspapageien so viel?

Ein streitendes Sperlings-papageienpaar

Inhalt

Wer seine Sperlis eine Weile hat, wird, besonders bei Blaugenick-Sperlingspapageien, schnell beobachten, dass sich auch feste Paare streiten wie die Spatzen. Woran liegts? Am Namen? 😉 Nein, das natürlich nicht. Es liegt sozusagen am Waffenarsenal.

Wissenschaftliche Datenlage

Eine Studie bei verschiedenen Keilschwanzlori-Arten zeigte, dass Arten, die größere Schnäbel haben, komplexere Drohgebärden zeigen (Serpell 1982). Die Forschenden interpretierten dies so, dass ein größerer Schnabel schlimmere Verletzungen anrichten kann und daher Auseinandersetzungen möglichst lang ohne Einsatz des Schnabels ausgefochten werden sollten. Eine Art, die einander bei jedem Streit ums letzte Korn gegenseitig umbringt, überlebt nämlich nicht lange. Arten mit kleineren, weniger gefährlichen Schnäbeln können sich ruhig mal gegenseitig eins draufgeben, ohne gleich lebensgefährlich verletzt zu werden.

Ähnliches kann man auch bei den nah miteinander verwandten Keas und Kakas beobachten. Keas haben zwar eindrucksvolle Schnäbel, allerdings deutlich weniger Beißkraft als die verwandten Kakas. Das kommt daher, dass Keas im Gebirge leben und opportunistische Allesfresser sind, deren Schnabel damit ein „Multitool“ ist. Kakas dagegen leben in Wäldern und ernähren sich hauptsächlich von Früchten und Samen, die geschält und geknackt werden müssen, weshalb sie einen stärkeren Schnabel haben. Vergleicht man die beiden Arten sieht man, dass Kakas eine stärkere Beißhemmung im Umgang miteinander haben als Keas. Das kann man vor allem beim Spiel jugendlicher Tiere beobachten (und als nichtsahnende Praktikantin spüren, aua!). Bei Keas wird ordentlich zugekniffen, ohne dass Blut fließt (zumindest bei Artgenossen), die Kakas reißen sich instinktiv zusammen, damit das Spiel auch solches bleibt.

Kopf eines subadulten Kea-Männchens, der Oberschnabel ist lang, aber schmal.
Der Schnabel eines Keas. Fotograf: Ellephant, frei zur Verfügung gestellt auf unsplash.com
Kopf eines Kakas, der Schnabel ist lang und breit, ein kräftiges Werkzeug
Der Schnabel des Kakas ist massiver und seine Beißkraft größer. Fotograf: Matthias Speicher, frei zur Verfügung gestellt auf unsplash.com

Übertragung auf Sperlingspapageien

Überträgt man diese Erkenntnisse nun auf unsere Sperlingspapageien, ergibt sich ein Bild. Alle Sperlingspapageien-Arten haben zwar große Schnäbel im Verhältnis zur Körpergröße (das sieht man gut im Vergleich zu Wellensittichen), allerdings haben sie als Körner- und Beerenfresser keine große Beißkraft. Außerdem ist der Schnabel insgesamt betrachtet ja trotzdem klein bei einem so kleinen Vogel. Deshalb beobachtet man bei Sperlingspapageien selbst bei Streitigkeiten zwischen Partnern verhältnismäßig wenig Drohgebärden, meist wird direkt zugehackt. Sperlingspapageien sind zwar dafür bekannt, gerne mal anderer Vögel Zehen zu stutzen, aber blutige oder gar lebensgefährliche Verletzungen kommen bei den typischen Ehestreitigkeiten in der Regel trotzdem nicht vor.

Beobachtet man beispielsweise Amazonen, Kakadus oder andere Papageien mit großen Nussknacker-Schnäbeln, kann man viel komplexeres Drohverhalten sehen. Da werden Federn aufgestellt, Schwänze gefächert und in gesenkter Körperhaltung geknurrt. Solches, sogenanntes ritualisiertes Verhalten beobachtet man bei Sperlingspapageien viel weniger und in geringerer Komplexität.

Nun wissen wir also, warum Sperlingspapageien so viel streiten. Weil sie’s können. 😉

Willst du jetzt noch mehr über den Charakter von Sperlingspapageien wissen, dann schau doch im Arten-Blogartikel und im Arten-Lexikon vorbei.

Willst du mehr darüber lernen, wie sich aggressives Verhalten bei Sperlingspapageien äußert, dann durchstöbere das Verhaltens-Lexikon!

Quellen

Alan B. Bond & Judy Diamond: Thinking like a Parrot – Perspectives from the Wild. The University of Chicago Press, Chicago and London 2019, ISBN 978-0-226-24878-3.

Andrew U. Luescher: Manual of Parrot Behavior. Blackwell Publishing 2006, ISBN 978-0-8138-2749-0.

James A. Serpell (1982): Factors influencing fighting and threat in the parrot genus Trichoglossus. Animal Behaviour 30.4: 1244-1251. https://doi.org/10.1016/S0003-3472(82)80217-0

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